Lobbyisten sind die besseren Ärzte

Sie stellen keine Diagnose, verschreiben keine Medikamente – und doch sind sie es, die vielen Patienten erst die Chance auf Heilung ermöglichen. Antonia Meyer und Dr. Daniel Wixforth, 365 Sherpas/Hirschen Group, über Public Affairs und Policy Advice in Healthcare. Politische Arbeit im Gesundheitswesen hat einen schlechten Ruf. Sind Lobbyisten böse? Gut und böse gibt es nicht: nur professionell und unprofessionell. Eine professionelle Interessenvertretung weiß, dass sie Partikularinteressen vertritt. Dabei darf sie aber nie das Gemeinwohl aus dem Blick verlieren. Sie will ihre Zielgruppen nicht überreden, sondern vom eigenen Argument überzeugen – und das im Wettbewerb mit den Argumenten anderer Akteure. Sie hat hohe Standards in Sachen Transparenz und Ethik. Zudem denkt sie nachhaltig. Und das geht nur unter einer Voraussetzung: guter Reputation.

Kann Public Affairs und Policy Advice auch Patienten Gutes tun? Die wichtigste Zielgruppe sind die politischen Entscheidungsträger. Und für diese gilt: Patienten gleich Bürger gleich Wähler. Wer nur auf das Recht des Stärkeren setzt, wird im besten Fall missachtet, im schlimmsten reguliert. Man muss die politischen Rationalitäten kennen, Entscheidungsmuster antizipieren. Das heißt: den Patienten glaubhaft in den Mittelpunkt rücken, um das Gehör und Vertrauen der Politik zu gewinnen – und damit die Grundlage für neue Therapien zu schaffen.

Was bedeutet Mut in diesem Bereich? Mut heißt, Gegenwind auszuhalten, debattenfähig zu sein, an die eigenen Argumente zu glauben und Haltung zu zeigen – selbst dann, wenn sich eine leichte Brise zu einem Sturmtief entwickelt. Mut ist Aktion: „Wer nicht am Tisch sitzt, steht auf der Speisekarte“, lautet eine Regel der Politikberatung. Es geht darum, bei relevanten politischen und gesellschaftlichen Debatten dabei zu sein und vor allem: mitzugestalten. Das wird von der Politik gesehen und honoriert.

Was sind Beispiele, von denen man lernen kann? NGOs machen hier vieles richtig, auch wenn man ihre Positionen nicht immer teilen muss: Zuspitzung, Inszenierung, Konfliktfähigkeit und Mobilisierung. Deutsche Umwelthilfe vs. Autohersteller ist nur ein Beispiel. Mit hoher Effizienz schaffen es NGOs, Geschichten bei maximaler Aufmerksamkeit zu erzählen. Indem sie Botschaften bildlich und medial inszenieren, Konflikte aushalten und flexibel reagieren. Ganz wichtig: Sie haben sich geeignete Instrumente und Kanäle geschaffen, um Anhänger zu mobilisieren und damit die eigenen Botschaften zu multiplizieren. Das kann die pharmazeutische Industrie auch.

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